Bad Buchau (Jonathan Schrode) – Die Musikkapelle Dürnau bestach am Samstag, 26. November im Kurzentrum mit einer gehörfälligen Auswahl an Stücken bei ihrem Jahreskonzert. Eine Achterbahnfahrt, der Kampf gegen das Seeungeheuer, Alpenpanorama und der Ritt in den Sonnenuntergang – mit solchen Bildern wurden die Zuhörer am Vorabend des ersten Advents aus dem umtriebigen Alltag dieser schnelllebigen Zeit geholt.
Festlicher hätte die Musikkapelle Dürnau ihr Jahreskonzert nicht starten können. Mit „The Olympic Spirit“, der Eröffnungsfanfare der OIympischen Sommerspiele 1988 in Seoul von John Williams, eröffneten die 52 Musiker das Konzert getreu dem heutigen olympischen Motto „Citius, Altius, Fortius“ – schneller, höher, stärker. Hier glänzte das Orchester besonders mit den festlichen Fanfaren im hohen Blech sowie den Horneinwürfen und dem vollen, starken Blasorchestersound, zu dem aber der leise Kontrast fehlte.
Die „First Suite for Military Band in Eb“ des britischen Komponisten Gustav Holst, der durch seine siebensätzige Orchestersuite „The Planets“ besondere Popularität erlangte und auch Einfluss auf Komponisten wie John Williams nahm, war ein besonderer Leckerbissen für die Zuhörer im Kurzentrum. Trotz leichter Startschwierigkeiten zeichnete das Orchester mit den verschiedenen in der Suite enthaltenen Klangfarben bunte Bilder.
Der Choral eröffnete den Dialog zwischen Holz- und Blechregistern, bevor sich strahlende Trompeten auf einen laufenden Bass legten. Sanfte Holz- und Hornklänge bildeten den Übergang zum dramatischen Teil, in dem wiederum das tiefe Blech zur Geltung kam, bis der erste Teil nach einer Überleitung mit wirbelnder Trommel zum Grandioso in einem pompösen Beckenschlag endete. Darauf folgten das beschwingte aber auch lyrische „Intermezzo“ und der zügige „March“.
Eine Achterbahnfahrt für das Publikum und die Musikkapelle Dürnau unter dem Dirigat von Christian Neuburger stellte „Roller Coaster“ von Otto M. Schwarz dar. Das Publikum musste nur die Augen
schließen, um auf eine rasante und turbulente Fahrt in einer alten Holzachterbahn mitgenommen zu werden. Die Schlagzeuger imitierten das Spannung erzeugende Rattern der Wagen auf den
Sägezahnleisten, wenn Sie den Kettenlift hochgezogen werden, ehe die Bahn in schneller werdenden, steigenden Sequenzen den Hügel hinunterstürzt. Nicht fehlen durfte dabei natürlich das Schreien
der fahrenden Menge, das besonders enthusiastisch vom Hornregister durchgeführt wurde. Nach zwei Runden kurvenreicher Fahrt, die von den Tenorhörnern durch gleitende, vorantreibende Melodiebögen
symbolisiert wurde, endete das Stück mit einem abrupten Bremsmanöver.
Um noch einen Bogen zu den Traditionen des antiken Griechenlands zu schlagen, griff das Orchester in die Kiste der Mythologie und traf dabei auf einen der berühmtesten Heroen, den Sohn des Zeus „Perseus“. Satoshi Yagisawa, der für seine dramatischen und träumerischen Kompositionen bekannt ist, hat diese Sage um Perseus, die Aufgabe der Enthauptung der Medusa und die Befreiung der Andromeda durch den Kampf gegen das Seeungeheuer Ketos aufgegriffen und eindrucksvoll für Blasorchester mit Chor komponiert. Hierbei wurde die Musikkapelle Dürnau von einer Abordnung des Chors „Vocal Dream“ aus Schwendi unterstützt. Die Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Sonja Walter werteten das Stück mit einer weiteren Klangfarbe auf und sorgten so für einen Mehrwert in einem Konzertprogramm, das ohnehin schon aufgrund seiner Stückwahl hervorzuheben war.
Katja Sontheimer, die mit ihren Ansagen durch das Programm führte, kündigte das Medley „Moment for Morricone“ von Johan de Meij als eine Ode an den erst dieses Jahr wieder mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Filmmusik-Komponisten Ennio Morricone an. Wieder in Kombination mit „Vocal Dream“ gab das Orchester die Zusammenstellung der beliebtesten Italo-Western-Soundtracks wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder „Zwei glorreiche Halunken“ wieder. Insbesondere die Perkussionisten erzeugten hierbei eine eindrucksvolle Geräusch-Kulisse.
Wieder hat sich ein Musikverein an die Interpretation von Kurt Gäbles „Klang der Alpen“ gewagt. Ein Highlight war bei der Interpretation am Samstag aber sicherlich der Einsatz von Wolfgang Diodone am Alphorn. Unter dem Motto des Stückes „Impressionen, Traditionen, Visionen“ war auch dieses Werk ein verlockendes Angebot für die Zuschauer, die Augen zu schließen und sich die schneebedeckten Gipfel, saftige Wiesen, die kleinen Gebirgsbäche und die aufgehende Sonne der Alpen vorzustellen. Saubere Artikulation und dynamische Effekte kamen erst beim letzten Teil wirklich zum Vorschein, wo das Orchester Züge der modernen „Volxmusik“ imitierte und mit „röhrendem“ Saxophon und starken Posaunen beeindruckte.
Nachdem sich Neuburger scherzhaft bei seinen Musikern für eine anstrengende Zeit mit einem anstrengenden Dirigenten bedankte, fand die Auswahl von Stücken der bekanntesten Komponisten der vergangenen beiden Jahrhunderte ihren Höhepunkt im „Florentiner Marsch“ von Julius Fucik. Die Musikkapelle Dürnau beendete ihr Konzert mit der Ohrwurm-Zugabe „Soul-Bossa-Nova“, auch bekannt aus der James Bond-Parodie „Austin Powers“. Als Solisten traten hier an der Trompete Wolfgang Diodone und an der Posaune Christian Härle hervor.
Text und Fotos: Jonathan Schrode