Mit einer Reihe von Oberstufen-Stücken beeindruckte die Musikkapelle Dürnau am Samstag, den 2. Dezember im Kurzentrum Bad Buchau die Zuhörer. Klangbilder erzählten Geschichten von Einhörnern, Geistern, Superhelden und lügenden Holzpuppen, doch auch Klassik-Fans kamen auf ihre Kosten.
Einen sehr getragenen, aber deshalb nicht weniger festlichen Einstieg in das Jahreskonzert gestaltete die Musikkapelle Dürnau mit Anton Bruckners Motette „Locus Iste“. In Ton van Grevenbroeks Bearbeitung des ursprünglich für einen vierstimmigen gemischten Chor komponierten Werkes stachen vor allem die zum Forte hin orientierten Passagen hervor.
Auf den spanischen Hof der 1880er Jahre entführte das Orchester mit „Espana – Suite de Valses“ aus der Feder des auch „französischer Strauss“ genannten Komponisten Emil Waldteufel. Das Stück, basierend auf Emmanuel Chabriers gleichnamiger Rhapsodie, vertonte den solistischen Tanz von Frau und Mann mit abwechselnd leise und hoch sowie laut und tief instrumentierten Phrasen, ehe die gemeinsame Choreographie im festlichen Finale endete. Charakteristisch hierfür waren die an den Flamenco erinnernden Rhythmen oder die sauberen Dreiklangsbrechungen im tiefen Blech.
Der komisch anmutende Titel „Das Waschweib“ überraschte das Publikum im gut gefüllten Kurzentrum mit einer mystischen Legende aus der Heimat des jungen Komponisten Alexander Reuber. Die alte Dienstmagd eines Bauern fälscht dessen Testament zu ihren Gunsten. Gottes Strafgericht sucht sie daraufhin heim, wodurch sie starb und fortan dazu verdammt war, ab Mitternacht am Bach die Schuld vom Testament zu waschen. Entsprechende Atmosphäre schuf das Orchester um Dirigent Christian Neuburger effektvoll im Percussion und den Klarinetten. Auch der Ruf des Kuckucks und das leise Plätschern des Gewässers waren hörbar, bevor die Kirchenuhr zur Geisterstunde schlug. Als theatralische Einlage schlich dann Sängerin Sonja Walter durch die Reihen im Saal und verkörperte mit dem akkurat ausgeführten, atonal und gequält klingenden Gesang das verzweifelte Waschweib. In der Handlung schließt das Stück mit deren erlösender Segnung durch einen bei Nacht passierenden und ängstlich heranschreitenden Priester.
Wunderschön bedrückend war die üppig instrumentierte Originalkomposition für Blasorchester „Cry of the last Unicorn“ von Rossano Galante, mit der die Musikkapelle Dürnau völlig zurecht sehr erfolgreich am Wertungsspiel des Blasmusik-Kreisverbandes Biberach teilnahm. Die abwechselnd melancholischen und stürmischen Passagen verdeutlichten die dramatische Jagd auf das letzte noch verbliebene Einhorn, welches letztendlich seinen Verfolgern zum Opfer fällt. Bemerkenswert waren hier die gefühlvollen solistischen Einsätze von Flöte, Horn und Trompete.
Die erste Konzerthälfte wurde mit Julius Fuciks Konzertmarsch „Salve Imperator“ abgeschlossen, bei dem trotz lauter Verwendung der Pauken die sonstige Dynamik vorbildlich gestaltet war.
Mit einer alternativen Ouvertüre wurde die zweite Hälfte des Konzertabends vom Schlagzeugregister eröffnet. Bei James Swearingens „Centuria Overture“ in der Bearbeitung für Percussion Ensemble von Tyler Kam nahm Neuburger einen zweiten Stab in die Hand und wurde an den Mallets tätig. Durch die Instrumentierung klangen die getragenen Stellen noch verträumter, während die majestätischen Abschnitte allerdings an Effekt verloren. Unter Verwendung von Mallets, Becken, Pauken und Trommeln glänzten die Percussionisten, die fast alle bei Manuel Lutz, unter dessen Leitung das Stück einstudiert wurde, die Instrumentalausbildung genossen, mit der Ausführung.
Ein grandioses improvisiertes Saxophon-Solo bot Anja Kapitel beim Titel über den Comic-Helden Batman. Das gleichnamige Stück von Danny Elfman & Prince in der Bearbeitung von Toshihiko Sahashi beginnt geheimnisvoll mit der Entwicklung des traumatisierten Bruce Wayne zum Rächer Batman, die mit einem Beckenschlag endet. Darauf folgte der groovige Batdance, der mit jazzigen und gestochen scharfen Trompeteneinwürfen sowie dem Saxophon-Solo beeindruckte.
Die Geschichte über die kleine Holzpuppe, die zum Leben erwachte und gerne ein echter Junge werden will, erzählte die Musikkapelle mit Alex Poelmans „Pinocchio“. Im ersten Satz hörte man das Hämmern in der Werkstatt des Holzschnitzers Geppetto. Auch der beschwingte Gang zur Schule mit gut gelauntem Pfeifen durch eine schöne Landschaft wurde eindrucksvoll dargestellt. Die Streiche, die der Fuchs und die Katze dem kleinen Lügenbold spielten, machten auch dem Gehör des Publikums zu schaffen. Durch ständige Taktwechsel wurden die Zuhörer beim Mitsummen der eigentlich eingängigen Melodie vom Komponisten immer wieder aufs Glatteis geführt. Pinocchios Kampf gegen den sich annähernden und schließlich zuschnappenden Haifisch wurde insbesondere vom Schlagzeug sowie vom Bariton-Saxophon und der Bass-Klarinette effektvoll verdeutlicht. Letztendlich konnte sich die Holzpuppe mit seinem Mut auf der Reise beweisen und verwandelt sich im majestätischen Finale zu einem echten Jungen. Strahlendes Blech, schmückendes Holz und der Einsatz des Glockenspiels sorgten für Gänsehautmomente unter den Besuchern.
Mit dem traditionellen Abschluss-Stück der Berliner Philharmoniker beim Saisonabschlusskonzert auf der Waldbühne Berlin beendete auch die Musikkapelle Dürnau nach Katja Sontheimers letzter Ansage des Abends ihr Jahreskonzert. Nach Paul Linckes Ode an das freie Lebensgefühl „Berliner Luft“ spendeten die Gäste ausgiebig Applaus, ehe die Musikkapelle mit einem „Blues Brothers Medley“ die Zuhörer in die Adventszeit entließ.
Text: Jonathan Schrode (Schwäbische Zeitung)
Bilder: Felix Widder und Jonathan Schrode